Privilegierung für Steckersolar-Geräte

Worum geht es, und wo lag bisher das Problem?
Bisher war es möglich, dass eine Wohneigentümergemeinschaft (WEG) oder ein Vermieter der Anbringung eines Steckersolargerätes einfach widersprochen hat, er musste nicht einmal Gründe dazu nennen. Das hat in vielen Fällen Frust bei engagierten Mietern hinterlassen. Oder es führte zu noch größerem Ärger, wenn die Module ohne Zustimmung des Vermieters installiert wurden und der dann gefordert hat, diese wieder zu entfernen. Die „Privilegierung“ soll die Ablehnung nun erschweren, um noch mehr Module an Balkone, Fassade und auf Garagendächer zu bekommen.  

Was bisher geschah
Die Privilegierung als Vereinfachung wurde schon in der Solarstrategie des Bundes-Energieministeriums BMWK vom Mai 2023 aufgeführt. Das Thema wurde dann im vergangenen Jahr diskutiert und ein Gesetzentwurf geschrieben. Mit diesem ging es dann aber über Monate nicht voran. Der Entwurf stammt aus der Feder des Justizministeriums BMJ, daher war dieser auch nicht Bestandteil des Solarpaket I, das wiederum vom BMWK koordiniert wurde. Bei der Neuregelung für Steckersolar waren sich BMJ und BMWK einig. Schuld an der Verzögerung war die ebenfalls im Gesetzentwurf stehende, vereinfachte Regelung zu virtuellen Eigentümer-Versammlungen. Hier gab es Diskussionsbedarf und politisches Geplänkel. Zudem wurde diskutiert, ob die Privilegierung auch für größere Dachanlagen gelten solle; das wurde aber wieder verworfen. Im Juli 2024 nun wurde der Entwurf vom Bundestag genehmigt und an den Bundesrat weitergeleitet. Dieser hat es jedoch nicht mehr vor der Sommerpause geschafft, das Thema zu behandeln.

Was wird heute erwartet?
Am heutigen Freitag trifft sich der Bundesrat zu seiner 1047. Sitzung, Beginn ist um 9:30 Uhr. Recht zeitnah nach Sitzungsbeginn steht das „Gesetz zur Zulassung virtueller Wohnungseigentümerversammlungen, zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten und zur Übertragbarkeit beschränkter persönlicher Dienstbarkeiten für ErneuerbareEnergien-Anlagen“ als TOP 9 auf der Tagesordnung. Die enthält übrigens insgesamt 89 (!) Tagesordnungspunkte mit Gesetzesvorhaben.

Die Regelung im Detail
Die Gesetzesänderung unter TOP 9 besteht aus zwei Teilen: Der erste ändert § 20 („bauliche Veränderungen“) im Wohneigentumsgesetz und ergänzt den dortigen Satz (2): „Jeder Wohnungseigentümer kann angemessene bauliche Veränderungen verlangen, die ..“ um den Punkt „5. Stromerzeugung durch Steckersolargeräte“. Damit wird deren Privilegierung für Wohnungseigentümer bei WEGs umgesetzt und z.B. dem behindertengerechten Umbau und der Installation einer Wallbox gleichgestellt.  

Der zweite Teil ändert analog das Mietrecht, um die Steckersolar-Privilegierung auch für Mieter in Mietwohnungen umzusetzen. Dazu wird der § 554 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geändert. Darin steht bisher: „(1) Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt, die dem Gebrauch durch Menschen mit Behinderungen, dem Laden elektrisch betriebener Fahrzeuge oder dem Einbruchsschutz dienen. Der Anspruch besteht nicht, wenn die bauliche Veränderung dem Vermieter auch unter Würdigung der Interessen des Mieters nicht zugemutet werden kann. Der Mieter kann sich im Zusammenhang mit der baulichen Veränderung zur Leistung einer besonderen Sicherheit verpflichten; § 551 Absatz 3 gilt entsprechend.“  Hier wird in die Liste der Maßnahmen ergänzt um „oder der Stromerzeugung durch Steckersolargeräte“.

Im §554 BGB findet sich übrigens auch der Satz (2): „Eine zum Nachteil des Mieters abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“ Damit kann der Vermieter auch nicht versuchen, z.B. über einen Passus im Mietvertrag die Neuregelung „auszuhebeln“.

Die Auswirkungen
Was hat die Aufnahme von Steckersolar-Geräten in die privilegierten Maßnahmen nun für Auswirkungen und Vorteile? Zuerst einmal, was es nicht bedeutet: Es bedeutet nicht, dass in Zukunft der Vermieter nicht mehr um Zustimmung gebeten und gefragt werden muss. Wie bereits geschrieben: „Der Mieter kann verlangen, dass ihm der Vermieter bauliche Veränderungen der Mietsache erlaubt.“ Die Anfrage selbst bleibt also wie bisher notwendig, auch wenn das in Medienberichten oft anders dargestellt wird.

Der Vorteil der Privilegierung besteht darin, dass es der Vermieter nun deutlich schwerer hat, sich gegen die Anbringung auszusprechen. Während bisher ein kommentarloses „Nein!“ einfach hingenommen werden musste, kann nun nur abgelehnt werden, wenn die Installation dem Vermieter „nicht zugemutet“ werden kann. Diese Unzumutbarkeit müsste in der Ablehnung begründet werden – und das wird sicher schwer.  Man kann auch davon ausgehen, dass das Argument des optischen Erscheinungsbildes keine Unzumutbarkeit ist – dafür ist die Energiewende – auch juristisch – inzwischen einfach zu bedeutend eingestuft. Über das Erneuerbare-Energien-Gesetz umfasst die Formulierung „dient der öffentlichen Gesundheit und Sicherheit“ auch die Steckersolargeräte.  

Welche Gründe genau als unzumutbar gelten, wird erst die juristische Praxis in Zukunft zeigen. Doch eine Darstellung der Privilegierung zu analogem Recht zu Wallboxen von Haus & Grund Bayern lässt den Schluss zu, dass es für Vermieter sehr hohe Hürden gibt.

Die Ausschüsse des Bundesrats, die sich mit dem Gesetzentwurf beschäftigt haben,
empfehlen dessen Plenum, keinen Einspruch dagegen einzulegen. Damit ist (fast) sicher, dass das Gesetz den Bundesrat heute passieren wird.

Insgesamt ist das einer der letzten regulatorischen Änderungen, die den Einsatz von Steckersolar beschleunigen sollen. Die nächste große Vereinfachung für Interessenten wird sich voraussichtlich Ende des Jahres oder Anfang 2025 ergeben: Dann wird der Verband DKE/VDE die lange erarbeitete Produktnorm für Steckersolargeräte veröffentlichen.

Die DGS setzt sich schon lange für den Einsatz von Steckersolargeräten ein und möchte auch diese Neuregelung zukünftig positiv begleiten. Wir freuen uns, wenn sich die Zahl der abgelehnten Anlagen zukünftig deutlich verkleinert und damit noch mehr Solarmodule an Balkonen, an Fassaden und Garagendächern realisiert werden.  

 

Quelle: Jörg Sutter, Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V., https://www.dgs.de/news/en-detail/270924-privilegierung-fuer-steckersolar-geraete/

Zurück